Das Dorf Riffian
Der Meraner Talkessel bildet historisch wie geographisch das Herzstück des Landes.
Wenige Kilometer nach der Kurstadt befinden sich die Ortschaften Kuens (592m) mit ca.
300 Einwohnern auf 166 Hektar, übrigens die kleinste der insgesamt 116 Gemeinden Südtirols,
und Riffian (504m), der heute noch berühmte Wallfahrtsort. Hier leben auf 3575 Hektar ca. 1000 Menschen.
Im Mittelalter stand Riffian politisch und in der Verwaltungsorganisation in engeren Beziehungen zu Schloss Tirol,
zu einer Zeit also schon, in der sich überhaupt politische Grenzen in diesem Raum abzuzeichnen begannen. Damit gehörte es schon
damals zum engeren Burggrafenamt. In dieser Zugehörigkeit ist Riffian als Teil des selbstständigen Burgfriedens Tirol verankert
(dem auch Kuens, Ober- und Untermais, Hafling und Vöran angehörten) und der mit der Stadt Meran und den Gemeinden Naturns, Plaus,
Partschins und Algund das engere Burggrafenamt bildeten.
Kirchlich war Riffian eine Filiale der Pfarre Tirol. Das landesfürstliche Propstei-Amt Riffian umfaßte um 1300 alle Gemeinden von Naturns
bis zur Passer. Außerdem war Riffian Dingstatt des Burggrafenamtes, das heißt Stadt- und Landesgerichtes Meran.
Heute zählt Riffian als eigene Gemeinde auch zum engeren Fremdenverkehrsgebiet von Meran, insbesondere ist es auch ein nahes
Ausflugsgebiet für das Kurortspublikum. Man kann auch von einer klimatischen Grenze sprechen, die Riffian vom leicht ansteigenden
Passeier scheidet und es mehr dem Klima Merans zuteilt. Wer aus dem Passeiertal herunterkommt, dem wird dies eindrucksvoll und unverkennbar
offensichtlich. Um Riffian breiten sich die ersten Rebhänge aus, mächtige Edelkastanien von ungewöhnlich schönem Wuchs und
efeuumrankte Mauern prägen ein neues Landschafts- und Ortsbild, das auch von Hainen mit schönen Obstbäumen geziert wird.
Die klimatischen Vorzüge und Eigenheiten des Burggrafenamtes umfangen den Reisenden überraschend schnell.
Auch bevölkerungsmäßig, in Brauchtum, Lebensgewohnheiten und teilweise auch in der Mundart zeichnet
sich die scharfe Scheidung zwischen Riffian und dem Vorderpasseier an seinem Beginn in Saltaus ab.
Alle Landesbeschreibungen betonen diese Trennungslinie. Sie verläuft an der Ostseite des Tales durch
die Masulschlucht und ihre Mündung in den Talboden der Passer, westlich von dieser setzt sie sich durch
das kleine Saltauser Tal fort. Saltaus selbst ist sozusagen Genzort und gleichzeitig der erste der bekannten
12 Schildhöfe im Passeiertal.
Man wollte aus dieser seit jeher geltenden Gliederung mancherlei historische Schlüsse ziehen.
So vertritt Beda Weber, der gelehrte Geistliche, der zwei Jahrzehnte als Professor am Gymnasium
in Meran lehrte, dann im Jahre 1848 Meraner Abgeordneter im berühmten Parlament in der Paulskirche
in Frankfurt am Main war und schließlich nach zehnjähriger Tätigkeit als Stadtpfarrer von Frankfurt
am Main und Domkapitular dort starb, die Ansicht, das Tal der Passer sei zur Zeit der Völkerwanderung
aus zwei Richtungen her besiedelt worden; von Süden wären es die Bajuwaren gewesen, die im siebten
Jahrhundert das Etschtal heraufkamen, von Norden die Alemannen, die über die Jöcher des Alpenhauptkammes
vordrangen. Auf dieser Vermutung aufbauend, wollte man also hier eine Art Grenzlinie zwischen zwei
germanischen Volksstämmen erkennen, die von entgegengesetzten Richtungen in das Tal der Passer
eingedrungen wären und es kolonisiert hätten.
Stichhaltige Beweise für diese These lassen sich nicht erbringen. Zu der scharfen,
etnographischen Scheidung, die sich nicht verkennen läßt, tritt eine auffallende,
topographische Abschnürung, weil sich hier das Tal zu einer natürlichen Pforte schließt,
an der Saltaus liegt. So könnte möglicherweise auch eine alte politische Abgrenzung sich
bis heute in diesem charakteristischen Merkmalen erhalten haben. Auffallend ist ferner der
Umstand, daß alle zwölf Schildhöfe im Passeier liegen, davon der erste, Saltaus, direkt an
der unerklärlichen Scheidelinie liegt. Auch dies würde darauf hinweisen, daß zwischen dem
letzten Ort des Burggrafenamtes im Tal der Passer, nämlich Riffian, und dem Passeiertal eine
politische Abgrenzung bestanden hat.
Ort und Landschaft
Nun zu Angaben allgemeiner Art. Riffian liegt sehr schön, sonnig offen und frei in 504 m Seehöhe
als langgezogenes Straßendorf am Westhang des Tales hingebreitet. Sein ansehnlich erhöhte Lage
über dem Talgrund mit der Passer, der hier von felsigen Abbrüchen begleitet wird, hat das Dorf
seit jeher vor den berüchtigten Hochwassern und Springfluten (Ausbrüche des Kummersees im Hinterpasseier) bewahrt.
Die Herleitung des Namens Riffian ist bis heute unerklärt. Die Erklärung, der Name sei vom
römischen Eigennamen Rufus abzuleiten, ist kaum haltbar. Nach ihr soll in römische Zeiten
ein Rufus hier großen Landbesitz gehabt haben. Hierfür lassen sich heute gar keine Hinweise finden.
Eine andere Erklärung des Namens möchte man von den Felsriffen ableiten, die gerade hier und unterhalb
Riffian die Talsohle begleiten. Auch diese Deutung erscheint weit hergeholt und kann nicht stichhältig
unterbaut werden.
Die Gemeindegrenze deckt sich taleinwärts mit der früheren Verwaltungsgrenze zwischen dem engeren Burggrafenamt
und dem Passeier, talauswärts bildet ein wenig ausgeprägter Berggraben die Grenze zur winzigen Gemeinde Kuens
(mit 1,66km² die kleinste Gemeinde Südtirols). Schließlich scheidet der Flußlauf der Passer Riffian von dem
Gebiet der talseitig gegenüberliegenden Gemeinde Schenna. Diese Talhänge jenseits der Passer bilden in ihrer
dunklen, sonnenarmen Färbung eine schöne und ernste Kulisse zur freundlich glänzenden Landschaft um Riffian.
Das Ortsbild von Riffian ist gleich freundlich und anheimelnd wie die Landschaft, in der es liegt.
In hübscher Auflockerung mischen sich schöne, alte Bauernhöfe und moderne Villen mit Hotels für Gäste.
Eine Reihe alter Häuser zeugen vom Alter der Ortschaft.Unter ihnen verdient der schon im 14. Jh. erwähnte
Tschaupp Erwähnung, dann der Unterwirt und der Turm zu Riffian, der schon im Jahre 1369 als Besitz des
Petermann von Schenna erwähnt wird.
Das kirchliche Zentrum liegt etwas erhöht zwischen Wiesen und Weinbergen. Hier steht die Pfarrkirche zur
schmerzhaften Mutter Gottes, das Ziel vieler Wallfahrer, dann die berühmte Kapelle Maria am Friedhof, die
durch Ihre Freskenbilder ein kunsthistorisches Juwel des Burggrafenamtes ist.
So erscheint Riffian – alles in allem genommen – wie ein Modellbild eines südtiroler Dorfes,
wo sich die Herbheit der Bergwelt, aller Glanz von Bergwiesen und Wäldern, mit dem fruchtstrotzenden
Reiz des Etschtales begegnet; ein kleines Dorf, das einen schönen Teil der Geschichte des Burggrafenamtes
aufbewahrt. Und trotz aller modernen Zeiten und ihrer Einflüsse, hat hier der Mensch in Charakter
und Lebensgewohnheiten wertvolles Gut der Väter bewahrt.
Volkstracht
Entsprechend seiner Zugehörigkeit zum Burggrafenamt wird in Riffian zu besonderen Anlässen die Burggräfler Tracht getragen.
Aus einer älteren Bauerntracht hat sich vor rund 250 Jahren die heutige Form entwickelt.
Bewahrt geblieben ist das "wollene Hemat", dann die Joppe aus braunem Loden mit den schön geschwungenen,
breiten und roten Aufschlägen. Die Langhose ist aus schwarzem Loden, zu ihr gehört die schwarze Samtweste,
die mit einem kleinem Streublumenmuster durchwebt oder handgestickt ist.
Der grüne "Hosenheber" ist V-förmig aus breitem, grünem, mit kleinen Mustern durchwebten Trachtenborten gearbeitet.
Das Hemd, der "Pfaidt" ist aus weißem Leinen, in den Ärmeln weit geschnitten und hat am Handgelenk reich gefältelte Bünde.
Der Hut aus feinem, schwarzen Filz mit mehrreihiger Schnurverzierung, die bei Verheirateten grün und bei Ledigen rot ist.
Die Frauentracht ist aus dem "Tschoap" zu einem Kleid aus schönen Wollstoffen oder Brokaten in dunkleren Farben geworden.
Das Leibl ist anliegend mit reichgezogenen, weich fallenden Ärmeln, im Halsausschnitt ist ein kleines Tüchl aus feinem Linnen
eingelegt. Über dem Leibl wird ein seidenes Fransentuch getragen, das schön in Falten gelegt und durch eine Brosche gehalten wird.
Die seidene Schürze stimmt in ihrer Farbe mit Gewand und Fransentuch überein.
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